Die Sache mit den Strafen…

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Stellt euch mal folgendes vor:

  • Ihr öffnet die Kinderzimmertüre – alles blitzblank, kein Chaos, kein dreckigen Socken, das Bett ist gemacht und es duftet nach Veilchen.
  • Die Kinderlein kommen aus der Schule – alle Schuhe, Jacken, Schultaschen werden sofort weggeräumt und aufgehängt. Danach werden die Hände gewaschen und alle sagen fröhlich und ohne zu murren: “Mama, DU hast aber lecker gekocht!”
  • Freitagnachmittag beide Kinder spielen im Zimmer – man hört nur ein herzliches Lachen, beide teilen ihre Spielsachen, helfen sich gegenseitig und fragen ganz lieb, wenn sie vom anderen etwas brauchen möchten.

Ha! Science Fiction, gell?
Oder gehört so was zu eurem Alltag?
Eben.
Stattdessen gibt’s Geschrei, Gebrüll, Gezanke, ständige Ermahnungen, Gemotze. Alles liegt herum, hören tun sie sowieso nicht (oder erst nach dem 20. Mal), ihr müsst nur drohen und auf 3 zählen.
Und wenn sie nicht hören, dann gibt’s eben eine Strafe. Und wenn schon eine, dann eine saftige. “Sonst lernen sie ja nix”, denkt ihr vielleicht jetzt.
Oder wie soll man die Kinderlein dazu bringen zu gehorchen, die Dinge zu tun, die sie tun sollten?
Was soll man denn sonst tun, wenn sie frech, ungezogen, unordentlich und launisch sind. Wenn sie Dinge kaputt machen, Sachen vergessen und mit dem Bruder streiten?

Ich weiss, es gibt -zig Bücher zum Thema: Soll man Kinder strafen? Wenn ja wie? Oder warum nicht? Und wann und überhaupt. Und wie das bei Erziehungsbüchern so ist, wenn man sie liest, dann nickt man immer still mit dem Kopf und denkt: “Genau, SO werde ich es das nächste Mal machen: Zuhören und mich in sie hinein fühlen, Ich-Botschaften schicken und sagen was mich stört.”
Und dann ZACK! 3 Stunden später, stehst du wieder vor deiner Horde Wildgewordener und brüllst genau so laut wie sie auch und bestrafst sie mit:
Fernsehverbot
Abmachverbot
Game- oder Handyverbot
xy-Verbot.
Am liebsten grad eine ganze Woche. “Wenn schon denn schon. Sie sollen ruhig ein wenig leiden, wenn sie schon ständig Mist machen”.
Und in dem Moment in dem du die tolle Strafe ausgesprochen hast, denkst du dann oft:
“Oh, wie soll ich das nur durchziehen? Bin ich von allen guten Geistern verlassen?”

So. Und jetzt kommt Frau Elternplanet und schreibt euch hier auch mal ein paar ganz gescheite Dinge zum Thema Strafen auf.
Ihr habt alles im Griff mit diesem “Bestrafen”? Zufrieden? Die Kids auch? Ihr wollt auch nix ändern?
Prima, dann müsst ihr nicht mehr weiterlesen.

Für alle andern hab ich das hier mal zusammengetragen:

1. Kinder können sich nur an Regeln und Abmachungen halten wenn es auch welche gibt
Macht nicht einfach die Faust im Sack, sagt nicht immer wieder das Gleiche und schimpft auch nicht ständig und ärgert euch über das Verhalten.
Also: Zuerst zusammen sitzen, Regeln diskutieren:
“Was braucht es, damit sich alle wohl fühlen? Wie könnt ihr euch daran erinnern, eure Jacken aufzuhängen, was braucht ihr dafür?”
Manchmal sind es einfach Reminder/Zettel damit sie es nicht vergessen. Manchmal ist es aber auch etwas “Organisatorisches”. Also einen eigenen Kleiderhaken, oder ein Namensschild, eine neue Tischordnung, eine Badezimmeraufteilung oder ein lustiges Ritual.
Lasst die Kinder mit diskutieren und ihre eigenen Ideen einbringen, so können sie sich besser daran halten, als wenn ihr einfach mit einer fix fertigen Hausordnung aufkreuzt und diese ihnen vor die Nase knallt.
Schreibt diese Regeln dann zusammen auf und hängt sie so auf, damit sie als Reminder funktionieren. (Also die Jacken-Abmachung, mit Text und Bildern z.B beim Eingangsschrank).

2. Kinder sind wie Sportler. Sie müssen trainieren, Abläufe immer und immer wiederholen
Jaaaa! Das ist anstrengend und wir müssen ihnen dabei helfen. Wenn Kinder ihre schmutzigen Schuhe nicht ausziehen, dann schimpft nicht einfach mit ihnen, sondern sagt lieber:
“Hey schau mal deine Schuhsohlen an, draussen ist es nass. Was passiert, wenn du jetzt mit diesen Schuhen durch die Wohnung läufst?”
Lasst Kinder selber die “richtigen” Antworten finden, dann verstehen sie WARUM das ein Problem ist und können sich auch eher daran halten.

3. Eigene Vorstellungen und Werte überdenken
Warum verlange ich das so? Müssen die Kinder das wirklich GENAU SO machen? Gäbe es vielleicht noch einen anderen Weg, der besser klappt?
Oft haben wir Eltern ganz spezielle oft auch sehr sture Meinungen, die sie zum Teil noch aus der eigenen Kindheit übernommen haben.

4. Motivation statt Drohung
Lieber den Kids sagen was sie denn davon haben, wenn sie sich an Abmachungen halten.
“Wenn du die Zähne ohne Theater geputzt hast, dann haben wir nachher noch genug Zeit ein Buch anzuschauen.”
“Wenn ihr den TV ohne Krach und Geschrei ausschaltet, dann dürft ihr morgen eure TV Zeit auch wieder einfordern.”
Das funktioniert in den meisten Fällen besser, als die Kinder zu bedrohen oder zu sagen, welche Strafe es gibt, wenn es nicht klappt.
Keine Kleberlipläne fürs “brav sein”. Warum, das lest ihr hier.
Manchmal steckt man auch einfach in einer Negativspirale drin. Die einzige Aufmerksamkeit die Kinder bekommen, ist dann negative. Das gilt es zu ändern. Setzt den Fokus aufs Positive und gebt viel positives Feedback, für Dinge, die gut klappen. Davon gibt es nämlich eine ganze Menge, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht so erscheint…

Welche “Strafen” sind denn sinnvoll?

Viele Eltern denken sich: Je “schlimmer” die Strafe, je mehr das Kind unter der Strafe “leidet”, umso besser der Lerneffekt.
Stimmt aber nicht.
Es bringt nichts, immer nur zu strafen und nichts an der Problem-Situation zu ändern. “Prävention” heisst hier das Stichwort. Bei ständigem Bestrafen leidet vor allem die Eltern-Kind-Beziehung. Die Kinder werden noch bockiger, wütender und unkooperativer.
Was tun?
Punkt 1-4 umsetzen und wenn es trotzdem mal nicht geklappt hat könnt ihr folgendes versuchen:

1. Ruhe bewahren
Nicht bei jeder Dummheit, jedem Regelverstoss gleich in Panik ausbrechen und in eine Moralpredigt halten. Viele Dinge machen Kinder nicht extra um uns Eltern zu ärgern. Sie vergessen es, sind nachlässig, es ist ihnen nicht genug wichtig, sie haben noch zu wenig Übung oder es gibt vielleicht gar keine richtigen Abmachungen.

2. Die Situation ansprechen
Am besten erst dann, wenn man selber nicht mehr auf 180 ist. Das bringt nix ausser gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Sagt was euch stört, erinnert die Kids an die Regeln (wenn er ihr eben dann auch welche habt…) und hört ihnen auch mal zu. Manchmal erscheint etwas auf den 1. Blick auch ganz anders, als es tatsächlich war. Fragt die Kinder auch nicht, WARUM sie etwas getan haben. Diese Frage können sie meistens eh nicht beantworten.

3. Logische Konsequenz einsetzen
Es geht nicht darum, die Kinder möglichst “hart” zu bestrafen, ihnen zu zeigen, dass sie einen Fehler, eine Dummheit gemacht, oder uns beleidigt haben.
Was bringt eine Woche TV-Verbot, wenn Kinder in Nachbars Garten 5 Tulpen ausgerissen haben?
Was soll das bringen, die Jacken zum Fenster rauszuschmeissen, wenn die Kinder sie nicht an den Haken hängen?
Warum den Kindern im Schwimmbad keine Glacé kaufen, wenn sie das Zimmer nicht aufgeräumt haben?
Eben.

Logische Konsequenzen sollten kurz sein und wenn immer möglich mit dem Verhalten im Zusammenhang stehen. Also eine Tätigkeit kurz unterbrechen, Spielzeug einen Moment wegnehmen, die Kinder ein paar Minuten aus einer Situation raus nehmen.
Nicht zu weit suchen. Oft liegt die logische Konsequenz so nah, dass man am Anfang gar nicht darauf kommt.

Gebt den Kindern aber nachher auch die Gelegenheit, das “richtige Verhalten” noch einmal zu “üben”.
Will heissen: Gebt ihnen die Becher, Spielsachen, die Bilderbücher ein paar Minuten später wieder zurück. Lasst sie den Fernseher noch einmal selber ausschalten, holt sie nach ein paar Minuten wieder aus den Zimmern und lasst sie wieder mitspielen.
Also keine: “Du-darfst-eine-Woche-dies-oder-jenes-nicht-mehr-tun” und auch keine: “Fertig-Schluss-wir-gehen-jetzt-sofort-nach-Hause” Bestrafungen.
Und EINE Konsequenz reicht. Keine “Mehrfachbestrafungen”, wie: “Du musst ins Zimmer gehen, kriegst keinen Nachtisch und darfst morgen nicht abmachen”.

Wenn wirklich mal eine grössere Dummheit passiert ist, dann besprecht diese in Ruhe mit euren Kindern.
Auch hier gilt es zu überlegen: Was ist passiert, was ist schief gelaufen und was muss nächstes Mal anders sein? Wie können die Kids Verantwortung übernehmen, was können sie tun, um die Sache wieder in Ordnung zu bringen?

Denkt daran:
Kinder sollen aus logischen Konsequenzen etwas lernen. Lernen, es das nächste Mal ein bisschen besser zu machen.
Sie sollen keine Angst haben vor uns und unseren Strafen.
Sie sollen zu ihren Fehlern und Missgeschicken stehen, sich trauen dürfen, uns zu sagen, wenn etwas Dummes passiert ist.
Sie sollen zu uns kommen dürfen und sich nicht vor unfairen, groben, unverhältnismässigen, demütigenden Strafen, Po-, Händeklapsern oder Brüllattacken fürchten müssen.
Sie sollen aber auch lernen Verantwortung zu übernehmen.
Sie sollen wissen, dass wir Eltern Abmachungen und Regeln kontrollieren und sie auch einfordern, denn wenn wir das tun, brauchen wir nämlich gar nicht mehr so viele davon.

Und wir Eltern müssen uns bewusst sein: Wir sind die Vorbilder.
Wenn wir ständig die Kinder anbrüllen:
“Hey Kinder! Hört jetzt endlich mal auf zu brüllen!”, dann werden sie das ganz bestimmt nicht tun. :-)

So das ist alles.
Danke für die Aufmerksamkeit.

♥ Danke fürs Teilen ♥

3 Kommentare

  1. Eine Auszeit hilft oft (leider nicht immer). Ich würde versuchen, bei leichtem Missverhalten zu beginnen. Das Kind soll sich setzen und eine Wand anschauen. Wenn das Kind sich wehrt, versuchen festzuhalten (klappt eben nicht immer, nicht übertreiben). Das Ziel ist, dass das Kind zu Ruhe kommt. Darum zuerst bei leichtem Missverhalten probieren, bis sich das eingespielt hat. Dann kennt das Kind diese Auszeit, und die Chance, dass das funktioniert, ist höher. Ist halt nicht so einfach. Viel Glück!

  2. Kleiner Kobold am

    Vlt. am besten beim “Diskussionskreis” noch Matetee trinken? :)

  3. Ok hierzu eine Frage. Folgende Situation. Kind haut nach mir ich sage “Nein das will ich nicht” und gehe vom Kind weg. Kind rennt mir aber hinterher und haut und tritt weiter. Nsch dem 3. Nein werd ich sauer und tu es in sein Zimmer wo es dann anstatt aufzuhören erst recht loslegt und gegen Türe schlägt, gegen den Schrank poltert etc. Mal davon ausgehend das auch ablenken etc in diesem Fall nicht mehr hilft was währe eine konsequente und logische Strafe hierzu? Etwas “logisches” fällt mir da nicht ein. Ausser eben das zu verbieten was als nächstes positives auf dem Plan stehen würde…

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