Kinder – Die heimlichen Gedächtnisweltmeister

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von Stefanie Rietzler, mit-kindern-lernen.ch

Kinder sind wahre Gedächtnisweltmeister – sie saugen Neues auf wie ein Schwamm. Vor allem in den ersten Lebensjahren kann man nur staunen, wie rasant sich ihr Wortschatz aufbaut und erweitert, wie schnell sie lernen, wie man gewisse Geräte einschaltet und benutzt oder auf welche Weise man Mama oder Papa ein lautes Lachen entlockt.
 
Dabei nutzen sie unbewusst eine Reihe von Merktipps:
Sich Zeit nehmen, um Dinge zu be-„greifen“
Kinder zeigen uns, dass man sich Zeit nehmen muss, um gewisse Dinge zu lernen. Als Erwachsene neigen wir oft dazu, „schnell schnell zu machen“, um einen Fortschritt zu erzielen. Wir können von Kindern in diesem Bereich vieles über das Lernen lernen. Anstatt einer Aufgabe nach der anderen hinterherzujagen protestieren Kinder, wenn es ihnen zu schnell geht. Sie blättern beispielsweise zurück, wenn sie eine Bilderbuchseite noch länger betrachten wollten oder werden wütend, wenn man ihnen einen Gegenstand wegnimmt, mit dem sie sich gerade beschäftigen. Während Kinder die Welt entdecken, nutzen sie all ihre Sinne. Sie:
• zeigen auf einen Gegenstand und weisen uns damit an, ihnen das zugehörige Wort zu sagen
• brabbeln das Wort nach
• betrachten den Gegenstand aufmerksam von allen Seiten
• möchten den Gegenstand anfassen oder ihn in den Mund nehmen

Schon in diesem Alter bestätigen Kinder, was die Lernforschung wiederholt zeigen konnte: Wer viele Sinne beim Lernen aktiviert, lernt erfolgreicher. Um sich den Inhalt eines Geschichts- Textes zu merken, hilft es wenig, diesen einfach mehrmals durchzulesen. Man muss den Text nicht nur be-arbeiten, sondern auch ver-arbeiten. Eine gute Strategie wäre beispielsweise:
• einen Abschnitt zu lesen
• laut zusammenfassen, was man gelesen hat
• wichtige Begriffe zu markieren
• sich das Geschehen in einem „inneren Film“ vorzustellen
• sich Fragen zum Text zu überlegen und diese mit Anderen zu diskutieren

Einmal ist kein Mal

Fragen Sie sich auch manchmal: „wird ihm / ihr das nicht langsam langweilig?“, wenn Ihr Kind zum hundertsten Mal dieselbe Kassette anhören möchte, die es schon auswendig kennt? Oder wenn ein Kleinkind scheinbar gar nicht genug davon bekommt, auf ein Tier in seinem Bauernhofbuch zu zeigen und Ihre Tierlaute dazu zu hören. Witzigerweise wird Kindern bei diesen repetitiven Tätigkeiten kein bisschen langweilig. Im Gegensatz zu uns Erwachsenen nehmen sich Kinder nämlich die Zeit, Dinge so oft zu wiederholen bis sie diese verinnerlicht haben. Sie haben sogar Freude an der Wiederholung, denn mit der Zeit wird „Lurchi Lurch“ oder „Benjamin Blümchen“ zu etwas Vertrautem. Vertrautes spendet wiederum Sicherheit und ein gutes Gefühl. Sie werden in jedem fundierten Ratgeber zum Thema lernen lesen, dass häufiges und rasches Wiederholen wichtig ist, damit sich Informationen im Langzeitgedächtnis festigen. Ich selbst kann dies nur bestätigen:
Kürzlich war ich zu Besuch bei meinen Eltern. Mein fünfjähriger Neffe hatte es sich schon auf dem Sofa gemütlich gemacht. Aus dem CD- Player ertönte eine Geschichte, in der Benjamin Blümchen zwei Löwenbabies aus den Händen eines gemeinen Tierdompteurs rettet. Der Kleine lauschte aufmerksam, dabei bewegten sich seine Lippen unentwegt zum Text- er kannte diese Kassette tatsächlich auswendig. Als ich aus Spass ebenfalls anfing, Teile des Texts mitzusprechen, sah mich mein Neffe mit grossen Augen an. Dazu meine Mutter: „Stefanie, das war als Kind doch deine Lieblingskassette. Wir haben sie vor ein paar Wochen auf dem Dachboden gefunden.“ Ich musste doch ein wenig darüber schmunzeln, wie gut man sich auch noch viele Jahre später an Dinge – in meinem Fall die Geschichte mit den Löwenbabies ;)- erinnert, die man in kleinen Abständen über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt hatte.

In kleinen Portionen zum Erfolg

Erfolge beim Lernen stellen sich am schnellsten ein, wenn man kleine Portionen bildet. So könnte das Schuhe binden in kleine Unterschritte zerteilt werden. Beherrscht das Kind den ersten Schritt sicher, geht man zum zweiten über und so weiter. Das Zerlegen von Handlungsabfolgen (das Bett machen, Schuhe binden, sich selbständig anziehen) nennt man in der Fachsprache „Chaining“: Für ein Kind, das lernen soll, sich selbständig anzuziehen, könnte man beispielsweise einen Anzieh-Parcours vorbereiten. Direkt vor dem Bett liegt die Unterhose, auf dem Weg zum Bad sind der Reihe nach das Unterhemd, die Socken, die Hose und der Pullover ausgelegt. Die komplexe Aufgabe des Anziehens wird auf diese Weise in bewältigbare Teilschritte zerlegt, die das Kind Schritt für Schritt abarbeiten kann. Mit der Zeit kann das Kind den Ablauf verinnerlichen und eine weitere Aufgabe bewältigen, z.B. die Kleidung selbständig vorzubereiten, sodass auf die Dauer kein Parcours mehr nötig ist. Auch beim schulischen Lernen eignet sich das Unterteilen in kleine Portionen. Ein Blatt mit 20 Vokabeln prägt man sich schneller ein, wenn man nur einige wenige Wörter auf einmal nimmt (3-5), diese rasch wiederholt und erst neue hinzu nimmt, wenn man den ersten Block beherrscht.

Das Video mit dem kleinen Hasen illustriert diese Merktipps:

 

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