Die guten und die schlechten Tage

7

Hach. Es gibt so Tage da bin ich ungeheuer fleissig. Da stell ich den vollen Müllsack gleich wenn er voll ist vor die Türe, ich erledige alle meine Hausarbeiten tip top, klettere an solchen Tagen sogar aufs Hochbett meiner Mädels und zieh in schweisstreibender Arbeit die Betten neu an. Ich geh voller Elan einkaufen, sogar mit Einkaufsplan und Zettel, (zugegeben: eher selten), ich nehme die Wäsche sofort nach dem Schleudergang aus der Maschine und lass sie nicht wie sonst oft drei Tage drin.

Ich sauge den Boden, beantworte fleissig alle meine Mails und Forumsfragen und zur Krönung bring ich mal rechtzeitig die Bibliotheksbücher zurück. Ja, das sind diese Tage, da kann man mir nix anhaben, da geht alles leicht von der Hand. Mein Haushalt glänzt und ich könnte ohne Probleme den Chefredaktor von “Schöner Wohnen” zum Kaffee einladen. Gut, das war jetzt etwas übertrieben. Ihr wisst was ich meine. Es ist einfach so ein guter, bodenständiger Haushaltstag.
Aber:
Es gibt auch die “Ich-mag-über-haupt-grad-gar-nix-tun-ausser-faulenzen-und-lasst-mich-einfach-alle-in-Ruh” Tage. Da stell ich meinen Wäschekorb unauffällig wieder in den Keller, bediene mich an den tiefgefrorenen Schinkengipfel aus der MIGROS, geh nicht mal den Briefkasten leeren, weil ich 3 Grad zu kalt finde um raus zu gehen und ans Telefon geh ich sowieso nicht, ausser es ist meine Mutti oder mein Mann.
Und wisst ihr was?
Ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen dabei. Sollen doch da am Boden mal ein paar Krümel rumliegen, die Wäsche kann es sich ruhig für ein paar Tage im Wäschekorb gemütlich machen. Auf dem Badezimmer-Spiegelschrank hat es für ein paar Stunden ein paar Zahnpastaflecken und der Altpapiersack mit den Zeitungen steht immer noch vor der Türe.
Was solls?

Früher, da wollte ich immer so ein bisschen Miss Perfekt sein.
Die Kinder, toll angezogen, hübsch, freundlich, der Haushalt perfekt, blitzeblank aufgeräumt und dafür immer mal wieder die Heilige Mittagspause geopfert. (Ja, ich schäme mich dafür).
Mutti dafür, am Anschlag: Mit dem Aussehen und den Nerven. Statt Wimperntusche, Concealer und Lidschatten reichte es nur für staubsaugen, sechs Mal am Tag aufräumen und drei Mal den Chromstahl polieren. Ne, ne. Das mach ich nicht mehr. Nicht dass ihr jetzt denkt, hier sähe es wirklich aus wie bei Frauentausch. *wermeineVideosgucktderweissdasshiereinigermassenOrdnungherrscht

Aber ich bin weniger pingelig (sagt man pingelig?) als früher, lasse auch mal was stehen und setzt mich stattdessen einen Moment an die Sonne oder mach einen Mittagsschlaf.
Ja, ihr habt richtig gehört: Dieses “Ich-leg-mich-eine-halbe-Stunde-aufs-Sofa-Ding.” Warum denn auch nicht?

Und ja, nach Jahren der Abstinenz geh ich auch wieder zur Kosmetikerin und stundenlang zum Friseur. Einfach herrlich.
Für mich geht das nicht: Kinder, arbeiten UND einen perfekten, damit mein ich jetzt: kein-Stäubchen-liegt-am-Boden-alles-blitzblank-poliert-und-aufgeräumt-wie-in-der-Wohnzeitschrift-Haushalt führen. Da komm ICH zu kurz, da bin ich unzufrieden und hässig.

Das “ein bisschen weniger perfekt sein” musste ich aber zuerst lernen. Ganz speziell als Neulings-Mama hat man einen sehr hohen Anspruch, an sich.
Kommt zum Beispiel Besuch möchte man dem ja nicht den Saustall im Wohnzimmer zumuten. Und bei kleinen Kindern hat man nicht selten das halbe Kinderzimmer, inkl. Rutschautos, Legos und Stofftiersammlung im Wohnbereich aufgebahrt.

Also über den Mittag zuerst eine halbe Stunde aufräumen, die Wohnung einigermassen besucherfreundlich machen.
Und trotzdem hat man dann irgendwie so ein schlechtes Gewissen, weil man möchte sich ja als Bilderbuch-Mama mit Bilderbuch-Kind und Bilderbuch-Wohnung präsentieren. Und vergisst dabei, dass es der anderen Mama die zu Besuch kommt, genau gleich geht und sie vielleicht verdammt froh ist, dass sie nicht die Gastgeberin ist und die Wohnung nicht aufräumen musste.

Also: Ich plädiere hier für etwas weniger Perfektionismus, für etwas weniger hohe Erwartungen an sich selber und wenn immer wieder mal möglich: RELAX.
 

 

 

♥ Danke fürs Teilen ♥

7 Kommentare

  1. Cornelia am

    Du schreibst mir von der Seele, nur muss ich noch lernen nach einem *ich-hab-heute-mal-so-überhaupt-keine-Lust-auf-irgendwas-Tag* kein schlechtes Gewissen haben… Vor allem wenn mein Mann von der Arbeit nach Hause kommt und dann noch selber kochen muss… auch wenn er mir sagt dass es ihn nicht stört und er das gerne tut…

  2. beatrice am

    Hoi Kathrin

    Vielen Dank für deine Webseite, schaue täglich rein und lerne immer wieder was Neues! Bin dir sehr dankbar.

    Meine Frage hat gar nichts mit Erziehung zu tun sondern mit deiner Wohnung… ;-)) Ich finde dein Sideboard so toll… Kannst du mir verraten, woher du das hast ;-))

    Liebe Grüsse aus Holland
    Beatrice

  3. verzeiht die Rechtschreibfehler, ich hab keine Kaffeekapseln mehr.

  4. ich war Mrs. Monk. Alles immer akurat, symetrisch, nach dem Alphabet geordnet und klinisch sauber so dass problemlos eine Operation am offenen Herzen in meinem Bad durchgeführt werden konnte. Ich geb’s ja zu, ich hab immer noch einen Dachschaden wenns um die Sofakissen geht ( ich kann einfach nicht schlafen, wenn sie durcheinander liegen), Krümmel am Boden, dreckige Fenster und …. ooookay, ich bin immer noch ein kleines Monkilein. Aber es ist nicht mehr ganz so schlimm. Jetzt hab ich stets, immer, jeden Tag und immer um die gleiche Zeit mein komatösen Mittagsschlaf. Das Chaos der Kinder darf mein Mann abends aufräumen und die Wäsche bleibt auch immer öfters liegen.
    Wenn ihr euch jetzt fragt, warum zum Kuckuck ich diesen total uninteressanten Kommentar schreibe; meine Kinder haben grad in die Hosen gemacht. Ich versuche das Fudiputzen hinauszuzögern. Egal wie. Mir ist jedes Mittel recht.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Diese Website benutzt Google Analytics. Bitte klicke hier wenn Du nicht möchtest dass Analytics Dein Surfverhalten mitverfolgt. Hier klicken um dich auszutragen.